Juvels: Wo Schmuck-Unikaten Emotionen eingehaucht werden

Erfahre in unserem Interview, woher eine Meisterin ihres Handwerkes, ihre Inspiriationen her holt und was es heisst, in der heutigen Zeit Goldschmiedin zu sein. Wir haben Mireille zu einem Gespräch getroffen.

Mireille, wie bist du zur Schmuckherstellung gekommen?

In der Schule gab es im Physiklabor einen Schmuck-Kurs, den man besuchen konnte. Es war zwar nicht sonderlich kreativ oder technisch anspruchsvoll, aber alles, was irgendwie mit Basteln und handwerklichem Geschick zu tun hatte, hatte mich interessiert. Ich weiss noch genau was für ein Wochentag es war. An einem Dienstag, ein ohnehin schon langer Schultag. Ich merkte, dass die Zeit während dieses Kurses richtig verflog. Anders als bei jedem anderen Fach, indem die Zeit nur zäh verging. Dieses Gefühl war sehr ausschlaggebend für meinen Entscheid, etwas Handwerkliches zu machen.
Anfangs schwankte ich noch zwischen verschiedenen gestalterischen Berufen, wie Kostüm, Fotografie und Goldschmieden, aber da ich bereits parallel Schmuckkurse besuchte, war es für mich dann schnell klar. Und bis heute ist es noch genau das, was ich will und wo ich mit ganzem Herzen dabei bin.
 

Wer oder was dient dir, während deinen kreativen Prozessen, als Inspiration?

So gut es geht, kein anderer zeitgenössischer Schmuck. Darauf achte ich nicht. Denn ich möchte eigene Ideen entwickeln und mich nicht fragen müssen, ob ich mich von anderem Schmuck habe beeinflussen lassen.
Lieber sehe ich mir andere Kunst an und lasse mich von dieser inspirieren. Auch Inhalte von Songtexten können mich zu Stücken anregen. Es gab eine Zeit, da habe ich Textelemente in Schmuck eingebaut, weil mich Worte sehr berühren. Ausserdem sehe ich im Alltag überall Formen oder Elemente, die meine Ideen anregen. Auf der Strasse und  in Gebäuden genauso wie in der Natur selbst.
 

Was ist der Grund für dein eigenes Atelier hier in der Mühle Tiefenbrunnen?

Durch ein Pop Up Konzept in der Mühle Tiefenbrunnen (dort wo sich heute das Café Kornsilo befindet), bin ich vorübergehend in die Räumlichkeiten eingezogen. Danach wurde ich darauf angesprochen, längerfristig zu einem Teil vom Mühle-Hof zu werden. Und obwohl ich damals noch nicht mit einem solchen Schritt gerechnet habe – da ich ja noch Familie habe – vertraute ich diesem Zufall und wagte den Schritt. Denn manchmal spielen unerwartete Wendungen im Leben grosse Rollen.
 

Spielt der Standort der Mühle Tiefenbrunnen eine grosse Rolle für dich?

Die Lage spielt eine grosse Rolle für mich! Die Mischung zwischen der Ruhe und den Menschen, die hier durchkommen, machts aus. Vorselektionierte Menschen und keine Masse an Leute, die immer nur schnell in die Geschäfte reinkommen und wieder gehen. Das touristische Niederdörfli, würde mich zum Beispiel zu sehr ablenken. 
Wir sind hier in einem Quartier mit Menschen, die ein Bewusstsein für Qualität haben. Da sich neben meiner Goldschmiede, sich noch weitere Geschäfte wie Teo Jakob oder das Restaurant Blaue Ente hier befinden, ist die Nachfrage nach hochwertigen Waren und Dienstleistungen vor Ort sehr hoch. Ich hatte nie das Bedürfnis mein Atelier bei den Viadukt Bögen oder in der Europaallee zu haben. Die Umgebung und die Nähe zum See schätze ich für mich persönlich mehr. 
 


Dein Angebot umfasst neben deinen eigenen Kollektionen, auch Heiraten und Umarbeiten. Was davon machst du am liebsten und warum?

Natürlich ist das Segment Heiratsschmuck ein wichtiger Bestandteil der Arbeit, und ich freue mich immer sehr, mit einem Paar ihre «Ringe fürs Leben»  zu entwickeln oder einen speziellen Verlobungsring zu kreieren.  Im Grossen und Ganzen mache ich alles sehr gerne, aber am einfachsten gelingt es mir, Ideen in Ringe umzusetzen. Ich kann es nicht erklären, aber Ideen sprudeln bei mir einfach schneller, wenn ich mir etwas am Finger vorstellen soll. Aber auch Ohrringe finde ich sehr spannend, da sie - wie Schmuck im Allgemeinen- auf den ersten Blick ein Statement hergeben.
 

An wen richtet sich dein Angebot?

Heute kommen vor allem Leute zu mir, denen mein Stil gefällt. Das sind Menschen, Sie kommen teils mit ganz konkreten Vorstellungen oder auch nur mit dem vagen Wunsch, einen roten Stein von ihrer letzten Indienreise verarbeitet zu bekommen. Sie kommen, weil sie ein Schmuckstück mit meiner Handschrift haben möchten. 
 

Wie ist dein Vorgehen bei personalisierten Schmuckstücken?

Die erste Beratung ist immer am aufwändigsten, wenn ich den Kunden oder die Kundin noch nicht kenne. Bei ungenauen Vorstellungen stelle ich ein Modell her, welches aus ähnlichen Elementen oder Details von Schmuckstücken besteht, die der Person gefallen. Mit der Zeit lerne ich sie so dann kennen, kann schneller verstehen was sie mögen und das auch umsetzten.
 

Schmuckherstellung befasst sich immer mit Geschichten. Gibt es eine spannende Geschichte von einer Kund*in, die du uns nicht vorenthalten kannst?

Ich hatte eine Kundin, die geschriebene Briefe eines Kindes in ein Schmuckstück verarbeiten lies.
Oder ein Paar, welches viel gereist ist. Da hat die Frau ihrem Mann eine Kette geschenkt, in der ein Stein eingearbeitet wurde, welchen sie zusammen auf einer Reise gefunden haben. Dazu hatte die Kette ganz viele Elemente mit Plättchen, in denen die Koordinaten von Orten, an denen sie waren, eingearbeitet wurde.
 


Welches Schmuckstück gefällt dir optisch am besten?

Ich finde Ohrschmuck am kleidsamsten, weil man ihn als erstes wahr nimmt.Er hat einen grossen Einfluss auf das Gesicht, weil er dem so nahe ist.

Was ich auch sehr mag, ist der Armschmuck. Bei diesem Schmuck hat die Bewegung des Trägers/der Trägerin viel Einfluss auf die Wirkung. Allgemein macht Schmuck visuell sehr viel mit den Leuten. Menschen bewegen und verhalten sich – je nachdem, was sie für Schmuck tragen – auch anders.
 

Wie hat sich der Schmuck-Trend für dich verändert?

Ich habe mich von Trends nie gross beeinflussen lassen. Was mir aber sicherlich in dieser Zeitspanne aufgefallen ist, ist dass der opulente Trend in den 80ern, durch den Anstieg des Goldpreises, zurückgegangen ist und der Schmuck viel filigraner wurde.
 

Welche Herausforderungen hast du beim Führen des eigenen Ateliers bereits erlebt?

Eine grosse Herausforderung war sicher, meine Mutterrolle und die Arbeit unter einen Hut zu bringen.
In der Arbeit wichtig und herausfordernd war für mich immer, die Zeit und ihre Trends wahrzunehmen, ohne mich zu sehr beeinflussen zu lassen. Auch mit dem immer teurer werdenden Goldpreis umzugehen, war nicht nur einfach, da ich gerne opulent arbeite.
 

Gibt es Veranstaltungen und Workshops um die Community mit einzubeziehen?

Wir machen vor allem im Frühling und vor Weihnachten kleine Anlässe, um unsere Wertschätzung unseren Kunden gegenüber zu zeigen. Am 9. November 2023 findet wieder einer statt, um auf den Neustart mit dem etablierten Goldschmied Philippe Pfeiffer anzustossen. Darauf freue ich mich sehr.

Es finden aber auch privat gebuchte Events bei uns statt. Zum Beispiel können Firmen oder Privatpersonen einen Teamevent oder Workshop bei uns durchführen. Ausserdem haben wir auch unsere fixen Workshops, die von Francesca durchgeführt werden. Da kann man sich auf unserer Website für Goldschmiedekurse anmelden, wenn man erste Einblicke in dieses Handwerk bekommen möchte. 
 

Geschichten 24.10.2023